Hier evolutionär, da revolutionär: Die Digitalisierung setzt sich in immer zahlreicheren Branchen und Bereichen durch. Ambitionierte Startups rütteln die Märkte mit disruptiven Geschäftsmodellen durcheinander, indem sie die Möglichkeiten der Digitalisierung für sich nutzen und ihr Geschäftsmodell entsprechend der Ansprüche und Bedarfe ihrer Kunden modellieren. Streaming-Portale wie Netflix lösen mit ihrem flexiblen On-Demand-Service klassische Videotheken ab. Uber bietet mit seinem online vermittelten Fahrdienst eine Alternative zum regulären Taxiservice, airbnb hat sich als Plattform-Community zur Vermietung und Buchung von Unterkünften durchgesetzt – beide bringen Anbieter und Abnehmer zusammen, ohne selbst ein Taxi oder Zimmer zu besitzen. Was bedeutet das für etablierte Unternehmen? Das US-Marktforschungsunternehmen Gartner prognostizierte kürzlich, dass bis 2017 rund 20 Prozent aller marktführenden Unternehmen ihren Status an ein Unternehmen verlieren werden, dass nach dem Jahr 2000 gegründet wurde – wegen einer fehlenden Digitalisierungskompetenz.
Status quo
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit – doch wie ist aktuell tatsächlich der Stand der Dinge? Wie reagieren speziell die großen Unternehmen der Softwarebranche auf die neuen Marktbedingungen und die veränderten Anforderungen ihrer Kunden und Partner? Die Unternehmensberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC hält mit der weltweiten Branchenstudie „Global Software 100“ interessante Antworten auf diese Fragen bereit. Die gute Nachricht vorab: Zwar branden die Wellen der disruptiven Startups nach wie vor gegen die Küsten der Softwarebranche, von einer Überschwemmung kann aber (noch) nicht die Rede sein. Denn: Obwohl 14 Newcomer den Einzug in die Top 100 geschafft haben, thronen an der Spitze der Rangliste nach wie vor bekannte Namen wie Microsoft, Oracle und IBM. Allerdings lauern die Newcomer bereits und haben in Gestalt von Salesforce und Intuit auch schon die Top 10 „geentert“.
Revolution vs. Evolution?
Nichts Neues also? Alles weiter so wie bisher? Mitnichten! Auffällig ist vor allem, dass die Softwarebranche von sowohl evolutionären als auch revolutionären Trends geprägt wird. Als evolutionär kann sicherlich die Anpassung und Veränderung von Geschäftsmodellen betrachtet werden, was insbesondere auf das Phänomen Cloud-Computing zurückzuführen ist. Vor ein paar Jahren zuweilen noch als Modetrend unter vielen belächelt, setzt sich die IT-Wolke immer stärker im Markt durch. Der klassische Lizenzverkauf, das traditionelle Geschäftsmodell vieler etablierter Softwareunternehmen, verändert sich – in Gestalt von ‚Software as a Service (SaaS)‚ Infrastructure as a Service‘ (IaaS) und ‚Platform as a Service’ (PaaS) – immer mehr in Richtung cloudbasierte Dienstleistungen. Microsoft als Branchenprimus beispielsweise bietet heute bereits Services in allen drei Bereichen an, trotzdem ist der prozentuale Anteil (4 %) cloudbasierter Software am Gesamtumsatz dort noch vergleichsweise niedrig – vor allem wenn man sieht, dass zum Beispiel Salesforce auf Platz 9 seinen gesamten Umsatz mit Cloud-Diensten erzielt. Insgesamt lässt sich in der Studie ein deutliches Umsatzwachstum auf Seiten der Cloud-Services beobachten. Ob die derzeitige evolutionäre Tendenz eine solche bleibt oder in den kommenden Jahren revolutionäre Züge annimmt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwerlich einzuschätzen.
Als definitiv geradezu revolutionär bezeichnen die Experten von PwC hingegen die vollständige Durchdringung sämtlicher Wirtschaftsbranchen mit intelligenten, auf Software basierenden Innovationen. Digitale Informationen haben sich in ein wirtschaftlich hoch interessantes Handels- und Produktionsgut verwandelt. Insofern kommt es nicht überraschend, dass sich software-basierte, auf Maximierung der digitalen Wertschöpfung fokussierte Geschäftsmodelle immer stärker durchsetzen. Die Grenzen der alten Welt – hier Softwarefirmen, da klassische Industrieunternehmen – verschwimmen zusehends. So zeigen die Beispiele des Flugzeugbauers Boing und des Mischkonzerns General Electric, dass die Digitalisierung (im Allgemeinen) und Softwareinnovationen (im Speziellen) genutzt werden, um neue Geschäftsfelder zu erschließen. Traditionelles Schwarz-Weiß-Denken – und damit die eindeutige Einordnung eines Unternehmens nach althergebrachten Mustern – gehört schon heute der Vergangenheit an.
Fazit
Ob revolutionär oder evolutionär: Die Geschäftswelt ist in Bewegung! Und das ist auch gut so, denn Stillstand ist bekanntlich Rückschritt. Softwaregestützte Innovationen sind aber eben nicht mehr nur auf die Softwarebranche beschränkt. Im Klartext: Von der Digitalisierung betroffen sind also auch Geschäftsfelder, die nicht zwangsläufig im (direkten) IT-Kontext stehen. Gleichzeitig finden cloudbasierte Services immer mehr Befürworter und Abnehmer, das klassische On-Premise-Geschäft nimmt kontinuierlich ab. Auf diese Entwicklungen müssen sich (Software-)Unternehmen einstellen. Den einen gelingt das schneller, den anderen weniger schnell. Und wer sich nicht darauf einstellt, dem gelingt über kurz oder lang ohnehin wahrscheinlich bedeutend weniger.